CfP und Tagung: Autorschaft in der Kinder- und Jugendliteratur

20.03.2023

Historische und aktuelle Praktiken und Bilder

Termin: 16. bis zum 17.11.2023
Ort: Oldenburg

Die Themen ‚Autorschaft‘ und ‚Inszenierung‘ wurden in den letzten zwanzig Jahren in literar- und kulturwissenschaftlichen Studien umfangreich untersucht. Es erschienen mehrere Publikationen, die jeweils ausgewählte Autor:innen (vgl. Jürgensen/Kaiser 2011, Kyora 2014, Schaffrick/Willand 2014, Fischer 2015) oder einzelne Medienformate analysierten (vgl. Oser 2014, Hoffmann/Kaiser 2014, Sporer 2019, Hoffmann/Wohlleben 2020). In der Forschung gibt es allerdings bislang kaum Beiträge, die sich mit Autor:innen der Kinder- und Jugendliteratur auseinandersetzen (vgl. Lang 2022, Hoffmann 2017, Karnatz 2023). Insofern konstatieren auch Corinna Norrick-Rühl und Anke Vogel im aktuellen Handbuch Kinder- und Jugendliteratur, dass die „Inszenierung von Kinder- und Jugendbuchautoren […] eine Forschungslücke“ ist (Norrick-Rühl/Vogel 2020, 27).

Gleichzeitig dürften die Art und Weise, wie Autor:innen der Kinder- und Jugendliteratur auftreten, wie sie sich inszenieren und inszeniert werden, welche ‚Marke‘ sie repräsentieren, für die Wahrnehmung der Texte und für die Bindung der Leserschaft an die/den Autor:in von großer Bedeutung sein. Schließlich hat sich im Sozialsystem bzw. Subfeld Kinder- und Jugendliteratur bereits früh ein eigener Teilmarkt mit eigenen Regeln herausgebildet. Hier kann man sinnvoll an gängige Systematisierungen anknüpfen, um hier auch die Bedeutung von Autor:innen näher zu betrachten (vgl. Hurrelmann 1992, Ewers 2012 und 2021, Gansel 2019). Mit in der Kinder- und Jugendliteraturforschung bislang wenig beachteten Rahmentheorien – wie etwa der Feldtheorie Pierre Bourdieus oder den Überlegungen zum ‚Subjekt‘ von Andreas Reckwitz – könnte die Forschung zudem erweitert werden (vgl. Tommek 2015, Kyora 2014). Im Anschluss daran wäre zu prüfen, welche Medien im Feld der Kinder- und Jugendliteratur häufig für die Erzeugung von Aufmerksamkeit genutzt wurden und heute genutzt werden. Hier lässt sich ein Wandel beobachten, der insbesondere mit den digitalen Medien im Zusammenhang steht. Denn selten waren Autor:innen als Medienfiguren so sichtbar wie heute, die dokumentierten Schritte ihrer Schreibarbeit und der Austausch zwischen ihnen und ihren Leser:innen – zum Beispiel über soziale Medien – so leicht nachvollziehbar. Autor:innen treten nicht mehr nur über das klassische (Schwarz-Weiß-)Foto auf der Buchrückseite öffentlich auf, sondern präsentieren sich in privaten und fiktiven Welten – wie etwa Cornelia Funke, deren Homepage über längere Zeit ihrem Garten- und Schreibhaus nachgeahmt war.

Bei diesen Inszenierungspraktiken entstehen Bilder/Images von Autor:innen, die es im Einzelnen näher zu untersuchen gilt. In dem Zusammenhang ist auch der Frage nachzugehen, welche Modelle sich innerhalb der Geschichte der Kinder- und Jugendliteratur herausbildeten (wie etwa der „kinderliterarische Erzähler“, Gansel 2019, 37). Partizipieren Bilder von Autor:innen in der Kinder- und Jugendliteratur an den Modellen von Autorschaft, die auch in der Allgemeinliteratur dominant sind? Gibt es auch in der Kinder- und Jugendliteratur poeta doctus oder poeta vates (vgl. Hoffmann/Langer 2013)?

Unsere Tagung orientiert sich insofern an drei Themenkomplexe. Folgende Fragen möchten wir im Rahmen unserer Tagung diskutieren:

  • Praktiken und Bilder
  • Wie tritt ein:e Autor:in als Kinder- und Jugendliteraturautor:in auf?
  • Was sind (typische) Inszenierungspraktiken von Kinder- und Jugendbuchautor:innen?
  • Welche Inszenierungspraktiken sind in unterschiedlichen Zeiten (vom 18. bis zum 21. Jahrhundert) dominant? Gibt es Veränderungen und Kontinuitäten?
  • Mithilfe welcher Medien werden Bilder von Kinder- und Jugendbuchautor:innen sichtbar? Sind medienspezifische Bilder zu erkennen?
  • Lassen sich Rückschlüsse auf mögliche Identifikationsangebote mit den potenziellen Leser:innen ziehen?
  • Welche ‚Funktion‘ besitzt ein Bild/Image für einen kinder- und jugendliterarischen Text?
  • Buchmarkt / Vermarktung
  • Inwiefern ist die Inszenierungspraktik auch im Kontext von Marketing und Vermarktung von Kinder- und Jugendliteratur von Bedeutung?
  • Haben sich die Bilder im Zuge der Entwicklungen des kinder- und jugendliterarischen Markts verändert?
  • Welche Bedeutung spielen einzelne Akteur:innen des Teilmarkts (Verlage, Agenturen, Vermittler:innen) für die Inszenierungspraktiken und Bilder?
  • Subsystem / Subfeld
  • Lassen die Praktiken und Bilder darauf schließen, dass Kinder- und Jugendliteratur als Subsystem bzw. als spezifischer Feldbereich (im Sinne Bourdieus) zu begreifen ist?
  • Gibt es Spezifika von Nationalliteraturen (Schweiz, Bundesrepublik Deutschland, Deutsche Demokratische Republik, Österreich, USA usw.)?

Wir laden Forscher:innen aus verschiedenen Disziplinen dazu ein, sich mit diesen Fragen zu befassen.

Über Beitragsvorschläge in Form eines ca. einseitigen Abstracts (inkl. einer Kurzvita) freuen wir uns. Senden Sie Ihre Abstracts bitte an: ella.margaretha.karnatz@uol.de. Die Einreichung von Abstracts ist bis zum 20.4.2023 möglich. Die Auswahl der Beiträge erfolgt durch ein Review-Verfahren.

CfP

Die Tagung wird von der OlFoKi (Oldenburger Forschungsstelle Kinder- und Jugendliteratur) und vom SIKJM (Schweizerisches Institut für Kinder- und Jugendmedien) im Rahmen der KIBUM (Oldenburger Kinder- und Jugendbuchmesse) ausgerichtet. Das Thema der KIBUM lautet in diesem Jahr „Grüezi! KIBUM trifft Schweiz“. Beiträge zu Schweizer Autor:innen von Kinder- und Jugendliteratur sind daher explizit erwünscht. Reise- und Unterkunftskosten werden erstattet.

Tagungsleitung: Prof. Dr. Thomas Boyken und Ella Margaretha Karnatz

 

(Quelle: H-Net)