Rückblick auf das Troisdorfer Kolloquium

Burg Wissem

Poster der Ausstellung „Ohren gespitzt! 100 Jahre Häschenschule“

Exponat in der Ausstellung „Ohren gespitzt! 100 Jahre Häschenschule“

Das Kolloqium hat vom 12. April bis 13. April 2024 auf der Burg Wissem stattgefunden.

Das Troisdorfer Kolloquium hat wieder einmal die einmalige Chance geboten, sich mit Forscher*innen im Bereich der historischen Kinder- und Jugendliteratur, mit Antiquar*innen, Sammler*innen, Bibliothekar*innen und Archivar*innen auszutauschen und sich in unterschiedliche Themen zu vertiefen.

Hans-Heino Ewers, Germanist, und ehemaliger Direktor des Instituts für Jugendbuchforschungzeigte in seinem Vortrag „Text-Bild- bzw. Bild-Text-Regie und Blicklenkung in der Bilderbuchrezeption“ wie entscheidend es ist, den Blick der Rezipient*innen zu lenken. Eines der beeindruckenden Beispiele war der neu illustrierte Klassiker „Der Erlkönig“.

Ernst Seibert sprach in seinem facettenreichen Vortrag über „Österreichische Spezifitäten und Diversitäten in der Geschichte des Kinderbuches. Neue Beispiele und Folgerungen für die Forschung“. Er bewies damit einmal mehr, dass die Entwicklung der Kinderliteratur in Deutschland und in Österreich nicht parallel verlief, sondern dass beispielsweise die Habsburgermonarchie einen wesentlichen Einfluss auf die Werke der jeweiligen Autor*innen hatte.

Susanne Blumesberger gab einige Einblicke in die Erforschung österreichischer historischer Kinder- und Jugendliteratur und stellte kürzlich durchgeführte Tagungen und gehaltene Vorträge vor, die eng in Zusammenhang mit der ÖG-KJLF stehen. Sie berichtete außerdem über weitere Aktivitäten der Gesellschaft wie zum Beispiel über die Übernahme des Nachlasses von Vera Ferra-Mikura sowie des Teilnachnlases von Annellies Umlauf-Lamatsch an die Österreichische Nationalbibliothek. Beide Nachlässe eröffnen Forschenden ein weites Feld. Ein Ausblick auf weitere Publikationen sowie ein Einblick in die derzeitige Forschung über österreichische Kinder- und Jugendliteratur der Jahre 1933 bis 1945 rundeten den Vortrag ab.

Ein besonderes Highlight war die Führung des Kurators Bernhard Schmitz durch die Ausstellung „Die Häschenschule im Bilderbuchmuseum auf der Burg Wissem „Ohren gespitzt! 100 Jahre Häschenschule“ im Bilderbuchmuseum.  Die Illustrationen von Fritz Koch-Gotha wurden prägend für die kommenden Generationen von Leser*innen und sind auch heute noch sehr beliebt.

Die Hannover Historikerin Edel Sheridan-Quantz sprach über „Ein expressionistischer Rausch“ – Das künstlerische Umfeld der Illustratorin Hilde Koch“. Die 1942 in Auschwitz ermordete Malerin illustrierte in den 1920er Jahren mehrere Kinderbücher. Mehr über die Künstlerin erfährt man in einem Beitrag von Edel Sheridan-Quantz: “… I have no illusions” – Hilde Koch Neuberger: a life story in fragments. In: Yad Vashem Studies, Vol. 49, Nr. 1, 2021, Seite 23–54 

Der Vortrag der Medizinerin und Sammlerin Barbara Murken über „Sándor Bortnyik - Das Weimarer Bauhaus und die Moderne am Beispiel seines Bilderbuchs „Die Wunderfahrt“ von 1929“ musste krankheitsbedingt auf das nächste Jahr verschoben werden.

Wie immer war genügend Zeit eingeplant um nach den Vorträgen, in den Pausen und beim gemeinsamen Abendessen, moderiert von Carola Pohlmann über unterschiedliche Themen zu diskutieren und vertiefende Gespräche zu führen.

 

Ein Bericht von Susanne Blumesberger


Symposium: Crip Kid Lit

Critical Approaches to Disability in Children’s and Young Adult Literature and Media

Date: 19-20th April 2024
Place: Online & Donald McIntyre Building, Faculty of Education, 184 Hills Road, Cambridge CB2 8PQ

The idea for this conference evolved from several PhD students at the Centre for Research in Children’s Literature at Cambridge working on or adjacent to disability studies who found that there had not been sufficient space yet to discuss their ideas, thoughts, and analyses. We therefore envisioned to provide fresh space for conversations about the representation of disability in texts for young people from an interdisciplinary and international perspective and to ask: what can disability studies do for children’s and young adult literature? And what can children’s and young adult literature do for disability studies? The symposium shall not only provide space for scholars already working on the discourse to connect, especially across various cultural, geographical, and disciplinary borders, as well as ideally get in touch with and exchange ideas with individuals from various backgrounds and professions, but also to encourage attendees not yet overly familiar with the discourse to be introduced to the field, consider disability studies as a framework for analyses, and potentially deconstruct ableist thinking and behaviour.

Keynote speakers
Maren Conrad (University of Cologne, Germany)
Ria Cheyne (Liverpool Hope University, United Kingdom)

Programme
More information can be found here.

The deadline for registration is Friday 12th April for in-person attendees and Thursday 18th April for online attendees. 

Register Online

 

(Quelle: Aussendung)


Jahrestagung der Deutschen Akademie für Kinder- und Jugendliteratur 2024

„Die Würde des Menschen ist unantastbar“
Gegen Antisemitismus, für Dialog und ein gesellschaftliches Miteinander

Mit Literatur und Film in Bücherei und Schule

Termin: 25. und 26. April 2024
Ort: Konstitutionssaal im Schloss Gaibach, Schönbornstraße 2, D-97332 Volkach

Die Lehren aus Diktatur, Genozid und Vernichtungskrieg finden sich im 1. Artikel des Grundgesetzes gebündelt: „Die Würde des Menschen in unantastbar“. Das neue demokratische Deutschland machte diesen Satz bei der Verabschiedung des neuen Grundgesetzes im Mai 1949 zum kategorischen Imperativ, denn es ging darum, „im Bewußtsein seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen“ und vom „Willen beseelt, als gleichberechtigtes Glied in einem vereinten Europa dem Frieden der Welt zu dienen“.

Am Vorabend des 75. Jahrestages des Grundgesetzes wird die Würde des Menschen jedoch wieder angetastet, nicht zuletzt durch antisemitische Handlungen. An die Stelle eines gesellschaftlichen Dialogs scheinen Polarisierung, Extremismus, Ausgrenzung und delegitimierende Abwertungen anderer zu treten, die die Autonomie des einzelnen betonen und ein Recht auf Widerspruch anmelden.

Die Jahrestagung 2024 der Deutschen Akademie für Kinder- und Jugendliteratur in Volkach stellt sich die Frage, auf welche Weise Kinder und Jugendliche dafür sensibilisiert werden können, die Würde des Menschen zu verteidigen und dem Artikel 2 des Grundgesetzes zu entsprechen, in dem gefordert wird, „Grundlage[n] jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt“ zu schaffen.
Die Erwachsenen sind vor die schwierige Aufgabe gestellt, insbesondere Kindern und Jugendlichen ein analytisches Instrumentarium an die Hand zu geben, das sie in die Lage versetzt, selbständig zu urteilen und sich gegen Gefährdungen unseres demokratischen Gemeinwesens auszusprechen. Mit Kurzvorträgen, Diskussionen, Workshops, Filmvorführungen und Lesungen von Autorinnen und Autoren sollen Einblicke in Mechanismen des Antisemitismus und der Demagogie gegeben werden, es geht um Fragen nach dem Verhältnis der Religionen sowie um die Sicherung und Wiederherstellung von Menschenwürde und Versöhnung. Angesprochen werden auch Tendenzen, die durch Framing und Schwarz-Weiß-Zeichnungen zur gesellschaftlichen Ausgrenzung führen können. Nicht zuletzt die Frage, welche Möglichkeiten die Kinder- und Jugendliteratur hat, um Irritationen und Störungen zum Thema zu machen und den Gedanken von Aufklärung und Toleranz im Sinne von G. E. Lessing durch das Erzählen von Geschichten zu befördern.

Der erste Tag der Veranstaltung steht besonders im Licht der Auswirkungen des Angriffs der Terrororganisation der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023, fünfzig Jahre nach dem Jom Kippur-Krieg, als weit über tausend Menschen barbarisch ermordet, über 200 Geiseln genommen und das Land mit Raketenbeschuss überzogen wurden. Damit wurde im gesamten Nahen Osten ein Erdbeben ausgelöst, dessen Auswirkungen mittlerweile die ganze Welt erfasst. Den Hintergründen wie Folgen wird am ersten Tag nachgegangen. Der Abend des ersten Tages ist den Mechanismen von Demagogie, Desinformation und Manipulation gewidmet, während der zweite Tag der Frage nachgeht, wie Ausgrenzung überwunden werden kann, die Menschenwürde gedeihen kann und wie die Grundlagen von menschlicher Gemeinschaft, Frieden und Gerechtigkeit Kindern- und Jugendlichen gelehrt und vorgelebt werden kann.

Die Tagung richtet sich an Lehrerinnen und Lehrer, Bibliothekarinnen und Bibliothekare, Interessierte der Geschichte, Religion und Kultur sowie insbesondere der Literatur und Medien für junge Menschen.

 

Weitere Informationen finden Sie hier.
Programm

Anmeldungen sind bis zum 18. April 2024 möglich. Den Anmeldebogen finden Sie auf der letzten Seite im Programm.

 

(Quelle: Homepage Deutschen Akademie für Kinder- und Jugendliteratur)


Tagung: Von Kopf bis Fuß. Körper-Bilder und Bild-Körper in der KJL

9. Jahrgang des Fernkurs Kinder- und Jugendliteratur der STUBE

Termin: 24. bis 26. Mai 2024 
Ort: Kardinal König Haus, Wien

Das Programm, sowie alle Informationen zur Anmeldung und Tagungskosten finden Sie hier.
Das ausgefüllte Anmeldeformular bitte bis zum 15. April an fernkurs@stube.at senden.

Die Tagung richtet sich an die Teilnehmer*innen im 9. Jahrgang des Fernkurs Kinder- und Jugendliteratur der STUBE; um sich die Tagung für das Zertifikat anrechnen zu lassen, ist die Anwesenheit an allen drei Tagen erforderlich.
Darüber hinaus ist die Tagung offen für alle Interessierten!

Tagungsbeitrag
€ 140,- / € 120,- (mit STUBE-Card und für Studierende)

Tages-Ticket für Samstag
€ 80,- / € 60,- (mit STUBE-Card und für Studierende)

 

(Quelle: Homepage STUBE)


39. internationale IBBY-Kongress 2024

"Join the revolution! Giving every child good books"

Termin: 30. August bis 1. September 2024
Ort: TCC – Trieste Convention Center, Triest

 

In 1946, Jella Lepman opened the first international exhibition of books for children and young people in the firm belief that books are bridges for understanding and agreement among the peoples of the world. 

IBBY founder’s commitment to a “revolution” brought about by good books as a means of shaping free, peace-loving generations, capable of discernment and imagination continues to be resolutely carried forward by IBBY’s 80 sections around the world. It is a commitment that appears even more pertinent today.

This is the main theme of the 2024 IBBY International Congress. It urges our sections, scholars, associations and institutions engaged in the field of literature for children and young adults to take stock of who and what drives this “revolution”.

 

Das vorläufige Programm finden Sie hier.
Anmeldung zum Kongress

Alle Informationen finden Sie hier.

Bis zum 31. März 2024 ist es möglich, sich mit Frühbucherrabatt für den Kongress anzumelden - für Besucher:innen aus Deutschland sowie den meisten europäischen Ländern beträgt die Gebühr damit 600 Euro (ohne Unterkunft). Vom 1. April bis 1. August 2024 gilt dann der normale Tagungsbeitrag von 680 Euro.

 

(Quelle: www.ibbycongress2024.org)


Tagung: Kinder- und Jugendliteratur in der DDR und Kanon oder "Was bleibt"

Thematische Zugänge und Einzelanalysen

Termin: 05. bis 07. September 2024
Ort: Universität Potsdam

Auf den bisher zwei Tagungen zur Kinder- und Jugendliteratur in der DDR, die jeweils im September 2022 und 2023 an der Universität Potsdam stattfanden, ging es darum, sich im zeitlichen Abstand der Kinder- und Jugendliteratur (KJL) in der DDR überhaupt erst wieder zu nähern. Es war betont worden, dass in den 1990er Jahren noch verschiedene Arbeiten zur DDR-KJL erschienen sind (u.a. Dolle-Weinkauff/Peltsch 1990; Gansel 1995, 1997, 1999; Richter 1991, 1995, 1996, 2000; Rouvel 1995). Das wichtige Handbuch zur DDR-Kinderliteratur SBZ/DDR 1945-1990, das von einem Team um Rüdiger Steinlein verantwortet wurde (Steinlein u.a. 2006) sowie das Kapitel „Kinder- und Jugendliteratur der DDR (Dolle-Weinkauff/Peltsch 2008) in der überarbeiteten 3. Auflage der „Geschichte der deutschen Kinder- und Jugendliteratur“ (Wild 2008) bilden gewissermaßen den Abschluss. Seitdem finden sich nur vereinzelt Beiträge zur KJL in der DDR (u.a. Becker 2020, Gansel 2010, 2022, Max 2020, Kümmerling-Meibauer/Meibauer 2021, Roeder 2020, Hernik 2022), die einzelne Aspekte der DDR-KJL in den Blick nahmen. Die Tagungen, an denen auch Autorinnen und Autoren teilnahmen, zielten darauf, Aspekte des Handlungssystems KJL in der DDR einsehbar zu machen und dies nicht zuletzt deshalb, weil das Wissen über die Zusammenhänge in den letzten Jahrzehnten zunehmend verloren gegangen ist. Dies betraf etwa das Profil einzelner Verlage (u.a. Kinderbucherlag, Verlag Neues Leben) wie auch Fragen danach, wie konkret im einzelnen Fall die Druckgenehmigungsverfahren aussahen. Grundsätzlich wurde dabei methodologisch versucht, einem modernisierungstheoretischen Ansatz zu folgen. Dies bedeutet, die Unterschiede in Struktur und Funktion der Literatursysteme in den beiden deutschen Staaten zu berücksichtigen.
Für das Literatursystem DDR ergaben sich entsprechend andere „Funktionssetzungen“, die Literatur übernahm in den ersten Jahren nach Gründung der DDR zunächst – vereinfacht gesagt – „sozialaktivistische Aufgaben“ (Uwe Johnson), und dies betraf sowohl die Allgemeinliteratur als auch die KJL. Mit anderen Worten: Literatur suchte identitätsstiftend, kollektivbildend und gesellschaftslegitimierend zu wirken. Und sie konnte sich dabei in marxistischem Sinne auf reale Veränderungen der sogenannten materiellen Basis berufen (u.a. kein Privateigentum an Produktionsmitteln, daher neues Verhältnis von Produktivkräften und Produktionsverhältnissen). Dass auf dieser Grundlage – unabhängig davon wie man sie rückblickend einschätzt – andere „Geschichten“ entstanden und entstehen mussten, und das „Was“ und „Wie“ des Erzählens sich von der zeitgleich veröffentlichten Literatur in der Bundesrepublik unterschied, ist erklärlich. Uwe Johnson, der 1959 die DDR verließ, hat entsprechend betont, dass die „Verhältnisse der Geschichte“ die Art und Weise der Darstellung bestimmen. Später brachte er dies auf die Formel: „Die Geschichte sucht, sie macht sich ihre Form selber“ (Uwe Johnson). Von daher erscheint es problematisch, wenn die Suche nach modernen literarischen Techniken einseitig als Maßstab des Erzählens gilt und daher seit den 1950er Jahren allein die „junge deutsche Literatur der Moderne“ (Walter Jens) des Westens zum Gradmesser avancierte. In einer sozialkritisch-realistischen Erzähltradition verankert, suchten Autoren wie Heinrich Böll, Wolfgang Koeppen, Max Frisch oder Martin Walser, in anderer Weise dann Günter Grass, das Spannungsfeld von „faschistischer Vergangenheit und kapitalistischer Gegenwart“ (Schnell 1986) mit neueren Erzählverfahren zu erfassen. Von solchen Prämissen hob sich die Literatur in der DDR mit Notwendigkeit ab, wenngleich es natürlich auch um die Auseinandersetzung mit Faschismus und Krieg ging, nicht zuletzt in der KJL.
Aus den genannten Gründen soll es nunmehr neben Veränderungen, die das letzte Jahrzehnt in der DDR betreffen, vor allem um eine gründliche Textanalyse gehen. Anders gesagt, nicht eine „vordergründige Einordnung in systemstabilisierende und systemkritische Texte und Autoren“ (Richter 2000) – wie oftmals praktiziert – ist angestrebt, sondern das Herstellen von Zusammenhängen zwischen „exakter Textanalyse“ und den literarischen wie außerliterarischen Kontexten. Ursula Heukenkamp hatte nach dem Ende der DDR betont, dass es darum gehen müsse, sich den „literarischen Texten samt ihren Kontexten“ mit Achtung vor der „Einzelheit und Einmaligkeit der je anderen Zeit“ zu nähern. Dazu gehöre nicht zuletzt, dass es nun um eine „Periode des beinahe positivistischen Sammelns von Sachverhalten gehe“ (Heukenkamp 1991). Diese Forderung ist – zumindest hinsichtlich der KJL in der DDR – weitgehend uneingelöst.
Auf der Tagung soll es daher ausgehend von bestimmten stofflich-thematischen Zugängen um Narratologisches gehen, mithin um „story“ und „discourse“. Ziel ist es, durch konzise Einzelanalysen jene KJL-Texte herauszustellen, die für ihre Zeit Innovatives einbrachten. Damit in Verbindung steht die Frage nach einem möglichen Kanon von Texten der DDR-KJL. Eine solche Frage nach dem Kanon ist immer eine danach, „was bleibt“!? Beim Kanon geht es nämlich um Textmenge, einen Korpus maßgeblicher, bedeutungsvoller Werke. An den ausgewählten Texten lassen sich Gesellschaftsdeutungen, Wirklichkeitserfahrungen, Gefühle, Visionen von Generationen festmachen, ja sie ermöglichen das Gespräch von Menschen, sie fördern Kommunikation, sie erzeugen und sind Ausdruck von Werten (Vgl. Gansel 2002, Korte 2002). Eine solche Verständigung erscheint mit Blick auf die KJL in der DDR überfällig und sollte im Abstand von mehr als 30 Jahren neu geführt werden. Dass dabei in narratologischer Perspektive Figuren-Handlungskonstellationen sowie die jeweiligen Schauplätze ebenso zu hinterfragen sind, steht außer Frage. Die Einzelanalysen ausgewählter Texte können wiederum als Reflex auf gesellschaftliche Modernisierungsphänomene in der DDR betrachtet werden. Von daher ist mitzudenken, dass es ab den 1960er Jahren in der KJL in der DDR – wie auch in der Allgemeinliteratur – einen Wandel gab und es zu einer „ästhetischen Emanzipation“ kam.

 

Informationen zur Tagung werden hier bekanntgeben.

 

 

(Quelle: kinderundjugendmedien.de)


Tagung: Aufgezeichnetes Erbe

Kulturelle Interferenzräume des östlichen Europa als Sujet im Comic

Termin: 7. und 8. November 2024
Ort: Universität Oldenburg

Der jahrzehntelang als trivial verrufene Comic erlebt seit einigen Dekaden in Deutschland eine Konjunktur, die neben der wachsenden Präsenz auf dem Buchmarkt in Feuilletons, Museen, auf Festivals und Internetforen ebenso ablesbar ist wie in der Forschung und Lehre. Zunehmend ist dieser Aufschwung auch in Narrativen über das östliche Europa zu verzeichnen, was insbesondere für Kriegskinder und -enkel:innen gilt, die ihr oder ein sehr unterschiedlich gestaltetes ‚Erbe‘ aus dem 20. Jahrhundert und darüber hinaus aufzeichnen. Hierbei trägt vor allem die dem Comic, der Graphic Novel oder allgemein der grafischen Literatur inhärente Hybridität von verbaler und bildlicher Sprache zu einem vielfältigen Nachzeichnen von Geschichte(n) bei. Ebenso abstrakt wie konkret, teils dokumentarisch, teils fiktiv werden mit dem ‚Redrawing‘ auch Leerstellen, Marginalisiertes und Unbekanntes erfasst. 

Anders als in rein verbalen Erzählungen, deren lineare Abfolgen zur Chronologie tendieren, neigt die Bildebene im Comic zu einem nichtlinearen Verhältnis zur Zeit. Zum einen lassen sich Bilder – wenn auch nicht notwendigerweise – leichter erfassen als ein Text, zum anderen sind Panels zugleich neben- und untereinander positioniert oder im unterschiedlichem Maße aufgebrochen. So können auf einer Seite oder in einem Panel Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft koexistieren, korrespondieren und kollidieren. Die literarische Polyphonie (Michail Bachtin) erweist sich hierbei als Polygrafie, die Varianten von Geschichte(n) ins Bild setzt, ihre ‚Gemachtheit‘ aufzuzeigen vermag und gegebenenfalls affirmativ oder subversiv kommentiert. Eben diese Vielfalt entspricht den einst multiethnischen Blickwinkeln in östlichen Regionen sowie (auto-)biografischen Perspektiven von Nachgenerationen. Mitunter gilt dies auch für Zeitzeug:innen der Shoah, des Zweiten Weltkriegs sowie von Umsiedlungen, Flucht und Vertreibungen, die Zeichnungen und Comics etwa als Lagerinhaftierte oder unterwegs in den Kriegswirren anfertigten. Offenbar werden hierdurch neuartige Verflechtungen und Verbindungen sowie Verletzungen – in testimonialen Fällen sogar aus erster Hand.  

Ähnlich wie in der Shared Heritage-Literatur[1] fällt in den grafischen Skizzen und Ausarbeitungen eine Vielzahl von Familiengeschichten, aber auch (Reise-)Reportagen, Dokumentationen und (Kriegs-)Tagebüchern auf, bei denen gerade die Nachgenerationen explizit spekulieren. Längst hat sich der Comic als Erinnerungsmedium profiliert, in dem insbesondere das Fragmentarische, die Last und auch die Latenz des Erbes intermedial zum Ausdruck kommen. Dessen Autor:innen leben ebenso im deutschsprachigen Raum wie etwa in Polen, Litauen, Serbien, Russland, Tschechien, der Ukraine oder Ungarn; hinzu kommen Künstler:innen, die aus dem östlichen Europa stammen oder dort familiäre Wurzeln besitzen, zwischenzeitlich jedoch in deutschsprachigen Ländern wirken. Zu solchen Comicschaffenden, die teils selbst zeichnen, teils mit Illustrator:innen zusammenarbeiten, gehören Agata Bara, Tomasz Bereźnicki, Jan Blažek, Lina Itagaki, Jaromír 99, Reinhard Kleist, Oxana Matiychuk, Monika Powalisz, Jaroslav Rudiš, Bianca Schaalburg, Marek Toman, Birgit Weyhe und Barbara Yelin.

Die geplante Tagung will die grafisch-textuellen Rekonstruktionen eines gemeinsamen (Kultur-) Erbes, dessen Details oft verschüttet sind, untersuchen. Dabei soll der aus der Architekturgeschichte und Denkmalpflege kommende Begriff Shared heritage auf eine Literatur übertragen werden, deren grafische Elemente gerade die materielle Dimension des (Kultur-)Erbes ab- und nachbilden.

 

[1] Vgl. Shared Heritage. Gemeinsames Erbe. Kulturelle Interferenzräume im östlichen Europa als Sujet der Gegenwartsliteratur. Hg. von Silke Pasewalck. Berlin-Boston: De Gruyter Oldenbourg 2023 (im Erscheinen).

 

Informationen zur Tagung werden noch bekanntgegeben.

 

(Quelle: kinderundjugendmedien.de)


Tagung: "Deutschsprachige Kinder- und Jugendlyrik – unerforscht, unterplatziert und unterschätzt"

Termin: 7. bis 9. November 2024
Ort: Universität Siegen, hybrid

Der wenig präzise Begriff 'Kinderlyrik' verführt immer wieder dazu, neue Gliederungen zu versuchen. Selbst unter der Voraussetzung, dass sich der Textbestand von dem der Erwachsenenlyrik stark unterscheidet, scheint der Versuch, Kinderlyrik zu systematisieren, bis heute nur sehr unzureichende Ergebnisse zu zeitigen. Mit Blick auf die aktuelle Kinderlyrik erscheint es mehr als geboten, neue Aspekte aufzuzeigen. Dasselbe gilt für die deutschsprachige Jugendlyrik. Neuere Entwicklungen wie die Instagram-Lyrik, der Versroman für junge Leser:innen, mehrsprachige Dichtung in leichter Sprache oder mehrsprachige Gedichte sowie Deutschrap oder Spoken Word in Soziolekten sind bisher nicht ansatzweise von der Forschung aufgegriffen worden. Aber selbst da, wo es sich um vermeintlich „sicheres“ Gebiet handelt, nämlich der Vermittlung von als zugänglich betrachteten kanonisierten Gedichten von Goethe bis Kaléko, ist festzustellen, dass der Korpus unbefriedigend ist. So wird zum Beispiel die Kinderlyrik der DDR oder „Gastarbeiterkinderlyrik“ bis heute fast vollständig ausgeblendet. Insbesondere aus universitären Kontexten und aus Gesprächen mit Lehrkräften ist bekannt, wie schwer es Lyrik aktuell hat. Gedichte werden oft als zu schwierig betrachtet, die nach einem Schema analysiert werden müssen. Dabei ist besonders die aktuelle Kinderlyrik vielfältig und bietet für heterogene Lernkontexte ein großes Potential. Was allerdings auch klar wird: Oftmals ist den Lehrkräften weder die Bedeutung der Lyrik bewusst noch wissen sie, wo sie nach Gedichten suchen können. Daher möchte die Tagung gerade auch diesen Zustand in den Blick rücken und konkret Literaturvermittler:innen ansprechen. Kinder- und Jugendlyrik ermöglicht wie keine andere Textsorte, kein anderes Genre sprachästhetische Erfahrung (Liede, 1963, S.12 ff.). Dennoch hat es die Kinder- und Jugendlyrik schwer, nicht nur in schulischen Kontexten, sondern auch Verlage scheuen sich Lyrik zu publizieren. Dabei erschaffen gerade sprachästhetische Zugänge die Möglichkeit, uns für etwas Neues zu öffnen.

Die Tagung möchte den IST-Zustand reflektieren, aber nicht nur klagen, sondern konkret über Verbesserungen nachdenken. Daher existieren unterschiedliche Sektionen, die diese Fragen reflektieren und vor allem auch Mut machen, sich mit Lyrik zu beschäftigen.

Organisation: Dr. Jana Mikota, Prof. Dr. Sandra Niebuhr-Siebert, Dr. Nadine J. Schmidt, Nils Mohl, Dr. Uwe-Michael Gutzschhahn

Informationen zur Tagung werden noch bekanntgegeben.

 

(Quelle: kinderundjugendmedien.de)


Tagung: Herbstseminar 2024

"Literatur braucht Raum!" – für eine lebendige Lesekultur für junge Menschen

Termin: 15. bis 17. November 2024
Ort: Exerzitienhaus Himmelspforten, Würzburg

CfP

Literatur ist ein Raumwunder; ein einziges Buch fächert ganze Welten auf, in die die Lesenden eintauchen, die sie berühren und sie prägen. Fiktive Räume werden zu Fixpunkten unserer inneren Topografie. Aber wie steht es um den Raum, den Literatur selbst für sich beanspruchen darf? Vor allem im Leben von Kindern und Jugendlichen, in Bildungseinrichtungen ebenso wie in der Familie und in der Freizeit?

Die dramatischen Befunde jüngster Leseleistungsstudien zeigen, dass am Ende der Grundschulzeit jedes vierte Kind nicht sinnentnehmend lesen kann. Diesen Kindern bleiben damit nicht nur bereichernde Literatur-Erfahrungen verwehrt, sondern auch das Recht auf Chancengerechtigkeit und aktive Teilhabe in der Gesellschaft.

Der Arbeitskreis für Jugendliteratur fordert daher, den Anspruch auf Bildung für alle zu stärken. Auch für Benachteiligte, Bildungsferne, Sprachferne. Für die Leseförderung heißt das: Es braucht Raum und Zeit für die Begegnung mit Büchern und Texten, fächerübergreifend, über die gesamte Kindheit und alle Lebensbereiche hinweg.

Die Tagung „Literatur braucht Raum!“ will anhand innovativer Ansätze aufzeigen, wie und wo eine lebendige Lesekultur für junge Menschen Realität werden kann – sei es analog oder digital. Forschungsergebnisse, Modellvorhaben und Erfahrungen aus der Praxis fließen gleichermaßen in das Tagungsprogramm ein.

 

Informationen zur Tagung werden noch bekanntgegeben.

 

(Quelle: Aussendung)


Rückblick auf die Herbsttagung 2023

100 Jahre Vera Ferra-Mikura: Netzwerken im österreichischen Kinder- und Jugendliteraturbetrieb zwischen 1945 und 1980

Die heurige Herbsttagung der ÖG-KJLF am 13. Oktober 2023 am Wiener Institut für Wissenschaft und Kunst (IWK) beschäftigte sich mit der Wienerin Vera Ferra-Mikura (1923-1997), die 1945 als Lyrikerin entdeckt wurde und als freie Schriftstellerin originelle und satirische Beiträge für Zeitungen und Zeitschriften schrieb, bevor sie sich ab den späten 1940er Jahren vermehrt der Kinder-, aber auch der Jugendliteratur zuwandte, die ihrer Meinung nach ein fester Teilbereich der Literatur ist. Rudolf Felmayer nannte sie „die beste junge Dichterin neben Christine Busta“ (Neue Wege, 1959/60, 92). Neben Hörspielen und Romanen schrieb sie auch Haikus und war eine Meisterin des Sprachspiels. Sie prägte die österreichische Kinder- und Jugendliteratur ihrer Zeit und schuf die ersten phantastischen Erzählungen und erhielt zahlreiche Auszeichnungen. Sie war jedoch auch eine ausgezeichnete Netzwerkerin und mit zahlreichen schreibenden Kolleg*innen in Kontakt, unter anderem mit Käthe Recheis, Brigitte und Wilhelm Meissel, Friedl Hofbauer, Oskar Jan Tauschinski und Kurt Wölfflin. Mit ihren originellen Werken prägte sie mehrere Generationen von Kindern, vor allem die Stanislaus-Reihe ist bis heute unvergessen.

Bei der Tagung konnten nur einige der vielen Facetten von Vera Ferra-Mikura näher beleuchtet werden. Sonja Schreiner (Universität Wien) gab einen Einblick in die Kindheitserinnerungen von einst & Kindheitsperspektiven jetzt und erweckte mit ihren zahlreichen Beispielen schöne und prägende Kindheitslektüren wieder zum Leben. Susanne Blumesberger (Universität Wien) präsentierte einige Werke Ferra-Mikuras, die auch heute noch präsent sind, aber auch viele, die eher in Vergessenheit geraten sind. Ernst Seibert (Universität Wien) gab einen Einblick in die Rezeption zeitgenössischer Diskurse bei Vera Ferra-Mikura, Jana Mikota (Universität Siegen) fokussierte auf die realistischen Werke der Autorin und stellte ausgewählte Mädchenbücher vor.

Bei der anschließenden Podiumsdiskussion zum Thema Wer sieht noch zurück? Zum Stand der historischen Kinder- und Jugendliteraturforschung diskutierten Monika Kiegler-Griensteidl (ÖNB), Jana Mikota, Sebastian Schmideler (Universität Leipzig) und Sonja Schreiner, moderiert von Susanne Blumesberger. Es ist wichtig, möglichst viele Werke digital zur Verfügung zu stellen und Archive zu digitalisieren und zu öffnen, um Raum für Forschung zu geben. Umso schöner ist es, dass der Nachlass der unvergessenen Autorin bald in der Österreichischen Nationalbibliothek zugänglich sein wird bzw. teilweise schon ist.

Die Tagung wurde aufgezeichnet und steht hier zur Verfügung.

Ein Bericht von Susanne Blumesberger

Begrüßung und Einführung in die Tagung durch Susanne Blumesberger

Sonja Schreiner

Diskussionsrunde

Ernst Seibert

Jana Mikota via Zoom

Podiumsdiskussion: Sonja Schreiner, Sebastian Schmideler (virtuell), Jana Mikota (virtuell), Monika Kiegler-Griensteidl

Moderatorin: Susanne Blumesberger

Livestream der Herbsttagung 2023