CFP (Sammelband): Tagebücher, Listen, Blogs & Co.

15.04.2021

Selbstzeugnisse in Kinder- und Jugendliteratur und -medien

Faktuale Tagebücher und fiktionale Tagebucherzählungen, z.B. Erna Sassens Das hier ist kein Tagebuch (2017) oder Luc Blanvillains Tagebuch eines Möchtegern-Versagers (2017), nehmen seit geraumer Zeit einen immer größeren Stellenwert im Bereich der Kinder- und Jugendliteratur ein. Das Erzählen von sich selbst erfolgt dabei im Rahmen eines großen Formenspektrums – von der Tagebucherzählung über den Comic-Roman (Kinney, Gregs Tagebuch 2008f.) bis zur To-Do-Liste in Romanform (z.B. Hasak-Lowy, Dass ich ich bin, ist genauso verrückt wie die Tatsache, dass du du bist: Ein Roman in Listen, 2018). Und auch in anderen Medien, etwa in populären Streamingserien wie Tagebuch einer zukünftigen Präsidentin (2020), orientiert sich das Erzählen strukturell und inhaltlich am Format des Tagebuchs.

Selbstzeugnisse in der Kinder- und Jugendliteratur, faktual oder fiktional, geben Rezipientinnen und Rezipienten einen meist chronologischen, fragmentarischen Einblick in einen Lebensabschnitt, der größtenteils von Konflikten im familiären Umfeld, im Freundeskreis, im schulischen Kontext sowie von Identitätsfindungsprozessen geprägt ist. Zudem werden den Tagebüchern oftmals Geheimnisse preisgegeben, die nur dem/der Verfasser_in und der Leserschaft bekannt sind. Dieses literarische Genre hat im Hinblick auf den intimen Moment des Schreibens den Charakter des Persönlichen und Privaten inne und geht mit der bereits aus dem Briefroman bekannten „Unmittelbarkeitsfiktion“ einher, die als Leseanreiz fungieren kann. 

Während bei den Tagebuchromanen eine reale Autorschaft mit Hilfe einer fiktionalen Erzählinstanz und facettenreichen artifiziellen Authentizitätssignalen fingiert wird, wird das faktuale bzw. ‚echte‘ Tagebuch als Zeitdokument verstanden, das einen persönlichen Einblick in eine bestimmte (historische) Epoche gibt. Als populärstes Beispiel gilt wohl das zum UNESCO-Weltkulturerbe ernannte Tagebuch der Anne Frank, das im Bereich der Kinder- und Jugendliteratur medial vielfältig adaptiert wurde. Dabei gilt für den Umgang mit faktualen Selbstzeugnissen, dass „Zeitzeugen in Buchform […] weniger [die] historische[n] Eckdaten und die große Geschichte in den Blick nehmen, als vielmehr in kleinen Geschichten zeigen, welche Auswirkungen die Politik auf individuelle Personen hatte und hat“ (Julia Benner [2019]: „This book contains private information“. Kinder- und jugendliterarische Tagebuchliteratur, S. 22). Dieses gilt z.B. auch für die im Jahr 2015 veröffentlichten Kriegstagebücher Astrid Lindgrens.

Erwünscht sind sowohl Analysen als auch didaktische Kommentierungen einzelner (fusion) Texte, blogs, Graphic Novels und Comics, Streaming-Serien, Instagram-Stories oder weiteren Medienformaten als auch konkrete Anregungen für den Deutschunterricht aller Jahrgangsstufen. Willkommen sind ebenso Beiträge, die sich mit intertextuellen und intermedialen Bezügen neuerer KJL zu historischen Selbstzeugnissen beschäftigen und somit das Potenzial der Gegenwartsliteratur für das historische Lernen herausstellen.

Kurze Abstracts mit bio-bibliografischer Angaben werden erbeten bis zum 10.05.2021 an Inger Lison (i.lison@tu-braunschweig.de) und Jan Standke (j.standke@tu-braunschweig.de).

 

CfP

(Quelle: Aussendung und H-Net)