CfP und Tagung

21.09.2023

Zwischen Leseförderung und literarischem Lernen

 Auf der Suche nach einer Didaktik der (erzählenden) Erstleseliteratur

Termin: 27. und 28. September 2024 
Tagungsort: Bürgerhaus Wilhelmsburg, Hamburg 

Der Deutschunterricht in der Primarstufe steht vor komplexen Aufgaben: Neben der Entwicklung von Lesefähigkeiten sowie Lesefertigkeiten gehören auch Aspekte literarischen Lernens und die Förderung der ästhetischen Genussfähigkeit zu den zentralen Feldern. Bereits 2013 verweist Karin Richter auf diesen Aspekt und fragt zurecht, ob „der Erwerb von Lesefähigkeiten und -fertigkeiten auf der einen und vonLesemotivation und ästhetischer Genussfähigkeit auf der anderen Seite (zunächst) auf getrennten Wegen erfolgen muss“ (Richter 2013, S. 86) und Richter plädiert für unterschiedliche Lesestoffe: Leicht erschließbare Texte, um Lesefähigkeiten zu fördern; Texte für Lesemotivation und Texte, die literarische Genussfähigkeit unterstützen und vorgelesen werden können. Wie alarmierend gering die Lesefertigkeiten und Lesefähigkeiten von Kindern im Grundschulalter sind, konnten jüngst die Ergebnisse der IGLU-Studie 2021 verdeutlichen. Geringe Lesemotivation und ästhetische Genussfähigkeit sind hingegen empirisch schwerer zu erfassen, zumal sie abhängig von den individuellen Lesepräferenzen der Kinder sind. 

Als Brücke zwischen Lesefertigkeiten, Lesemotivation und ästhetischer Genussfähigkeit wird oftmals das Potenzial von Erstleseliteratur herausgestellt – didaktische Ansätze, wie Erstleseliteratur in den (Deutsch-)Unterricht eingebunden und wie sie im schulischen Rahmen genutzt werden kann, gibt es hingegen nur sehr wenige. Daher soll auf der Tagung die Suche nach einer Didaktik der Erstleseliteratur beginnen und danach gefragt werden, wie der Spagat zwischen Leseförderung und literarischem Lernen mit Hilfe von Erstleseliteratur gelingen kann. Die Erstleseliteratur soll Kinder während des Prozesses des Lesenlernens begleiten und sie zum selbstständigen Lesen motivieren. Das heißt, einerseits fördert sie den Erwerb der Lesefähigkeiten, andererseits eröffnet sie auch als Erstleseliteratur Möglichkeiten der ästhetischen Genussfähigkeit und regt das literarische Lernen an (vgl. Mikota / Schmidt [Hrsg.] 2023). Erstlesebücher wie Werwolf wider Willen von Rüdiger Bertram und Ka Schmitz oder die Torkel-Bände von Charlotte Habersack und Susanne Göhlich können vielleicht, anders als Richter vermutet, sowohl zum Lesen motivieren als auch ästhetischen Genuss fördern. Trotzdem fristet die Erstleseliteratur innerhalb der literaturdidaktischen Forschung ein Schattendasein, wird allzu oft als Gebrauchs- und Zweckliteratur wahrgenommen und muss sich häufig der (nur scheinbar verallgemeinerbaren) Kritik einer literästhetisch minderwertvollen Gestaltung und einer oberflächlichen Ausrichtung an beliebten Themen aussetzen.

Für die Tagung kann die Bearbeitung folgender Fragen interessant sein – natürlich können weitere Themen hinzukommen: 

  • Welche Erstleseliteratur ist für die Arbeit im Deutschunterricht der Grundschule (aus welchen Gründen) besonders geeignet? 
  • Welche methodischen Zugänge eignen sich für die Arbeit mit Erstleseliteratur im Deutschunterricht? 
  • Welche Rolle können transmediale Zugänge (E-Books, Medienverbünde, Hörbuch, Film, Intermedialität) bei der Arbeit mit Erstleseliteratur spielen? 
  • Welche Vorstellungen und Wünsche haben Schüler:innen, Lehrer:innen und andere Akteur:innen im Bildungsbereich von der Arbeit mit Erstleseliteratur in der Schule? 
  • Wie wird Erstleseliteratur im Deutschunterricht eingebunden? 
  • Welche Rolle spielen Kooperationen mit anderen Bildungseinrichtungen (z. B. Bibliotheken, KiTas, Leseförderprogramme, Lesementor:innen) bei der Arbeit mit Erstleseliteratur in der Schule? 
  • Welche bisherigen Erkenntnisse gibt es zur Arbeit mit Erstleseliteratur in der Schule und inwiefern können sie Einfluss auf aktuellere Reflexionen mit Blick auf den Einsatz im Unterricht haben? 

Forscher:innen aus verschiedenen Disziplinen sind dazu eingeladen, sich mit diesen Fragen zu befassen. Die Tagung findet vom 27. Bis zum 28. September 2024 in Hamburg statt. Über Beitragsvorschläge für Vorträge (30 Minuten + Diskussion) in Form eines Abstracts (1000 Zeichen + Kurzvita) freuen sich die Veranstalter:innen. Senden Sie Ihre Abstracts bis zum 15. Oktober 2023 bitte an: Dr. Christoph Jantzen (christoph.jantzen@uni-hamburg.de), Dr. Jana Mikota (mikota@germanistik.uni-siegen.de) und Dr. Nadine J. Schmidt (schmidt@germanistik.uni-siegen.de ). Gerne kann vorab schon eine Interessensbekundung geschickt werden. 

Die Veranstalter:innen bemühen sich um finanzielle Mittel, um den Vortragenden Übernachtungs- und Fahrtkosten erstatten zu können. 

 

Literatur 

Richter, Karin: Literarische Bildung und Lesemotivation in der Primarstufe. In: Rösch, Heidi (Hrsg.): Literarische Bildung im kompetenzorientierten Deutschunterricht. Fillibach bei Klett. Stuttgart 2013, S. 73-92. 

McElvany, Nele / Lorenz, Ramona, Frey, Andreas / Goldhammer, Frank / Schilcher, Anita / Stubbe, Tobias C. (Hrsg.): IGLU 2021. Lesekompetenz von Grundschulkindern im internationalen Vergleich und im Trend über 20 Jahre. Münster, New York: Waxmann 2023. 

Mikota, Jana / Schmidt, Nadine J. (Hrsg.): Literarisches Lernen mit Erstleseliteratur im Unterricht. München: kopaed i. V. (erscheint 2023).

Veranstaltende: Universität Hamburg, Universität Siegen, Arbeitsgemeinschaft Jugendliteratur und Medien in der GEW (AJuM), Landesstelle Hamburg, Stiftung Bürgerhaus Wilhelmsburg 

Tagungsleitung: Dr. Christoph Jantzen (Universität Hamburg), Dr. Jana Mikota (Universität Siegen), Dr. Nadine Schmidt (Universität Siegen), Maren Töbermann (Stiftung Bürgerhaus Wilhelmsburg) 

CfP

 

(Quelle: Aussendung)